Japanische Stahlsorten – Gefügestrukturen, Härtegrade (HRC) und berühmte Messerstähle aus Japan
Japanische Stahlsorten im Detail: Gefügestrukturen, HRC-Härtegrade, berühmte Hersteller wie Hitachi, Takefu und Daido sowie Einsatz in japanischen Messern.
11/16/20253 min lesen


Japanische Stahlsorten gelten weltweit als Referenz für Schärfe, Schneidleistung und Präzision. Besonders im Bereich hochwertiger japanischer Küchenmesser werden Stähle eingesetzt, die durch ihre feine Gefügestruktur, hohe Reinheit und gezielte Wärmebehandlung deutlich über dem internationalen Standard liegen. Die Kombination aus traditioneller Schmiedekunst und moderner Metallurgie ermöglicht extrem harte, gleichzeitig aber kontrollierbare Schneiden.
Ein zentraler Faktor für die Leistungsfähigkeit japanischer Messerstähle ist die Mikrostruktur des Stahls. Je feiner das Korngefüge, desto schärfer und stabiler lässt sich die Schneide ausschleifen. Japanische Stähle zeichnen sich durch einen sehr hohen Reinheitsgrad und eine gleichmäßige Verteilung von Karbiden aus. Diese Karbide beeinflussen maßgeblich Schnitthaltigkeit, Verschleißfestigkeit und Schleifverhalten.
Shirogami (White Steel) ist einer der traditionellsten japanischen Kohlenstoffstähle und wird hauptsächlich von Hitachi Metals hergestellt. Dieser Stahl besitzt eine extrem einfache Legierungszusammensetzung mit sehr geringem Anteil an Fremdelementen. Dadurch entsteht ein äußerst feines Ferrit-Perlit-Gefüge mit minimaler Karbidbildung. Shirogami lässt sich extrem scharf ausschleifen und bietet ein sehr direktes Schleifgefühl. Typische Härtegrade liegen je nach Wärmebehandlung bei HRC 60–64. Aufgrund der fehlenden Legierungselemente ist Shirogami nicht rostfrei und erfordert sorgfältige Pflege, wird jedoch von Profiköchen wegen seiner puren Schneidperformance geschätzt.
Aogami (Blue Steel) basiert auf Shirogami, wird jedoch zusätzlich mit Chrom, Wolfram und teilweise Vanadium legiert. Diese Elemente fördern die Bildung harter, feiner Karbide, was die Schnitthaltigkeit deutlich erhöht, ohne die Schärfbarkeit stark zu beeinträchtigen. Das Gefüge ist feiner als bei vielen westlichen Stählen und weist eine gleichmäßige Karbidverteilung auf. Aogami wird ebenfalls von Hitachi Metals produziert und existiert in mehreren Varianten wie Aogami #2, Aogami #1 und Aogami Super. Die erreichbaren Härtegrade liegen typischerweise zwischen HRC 61–65, bei Aogami Super teils auch darüber. Aogami gilt als einer der beliebtesten Stähle für hochwertige japanische Kochmesser.
Im Bereich der rostfreien Stähle ist VG-10 einer der bekanntesten japanischen Messerstähle. Er wird unter anderem von Takefu Special Steel hergestellt. VG-10 enthält Chrom, Molybdän, Vanadium und Kobalt, was eine gute Balance zwischen Korrosionsbeständigkeit, Härte und Zähigkeit schafft. Die Gefügestruktur ist feiner als bei vielen europäischen rostfreien Stählen, jedoch gröber als bei pulvermetallurgischen Stählen. Typische Härtegrade liegen bei HRC 59–61. VG-10 ist pflegeleicht, vielseitig einsetzbar und besonders beliebt bei Damastmessern mit mehrlagigem Aufbau.
SG2, auch bekannt als R2 Stahl, ist ein moderner pulvermetallurgischer Hochleistungsstahl, ebenfalls häufig von Takefu Special Steel produziert. Durch das PM-Verfahren entsteht eine extrem feine und homogene Mikrostruktur mit sehr gleichmäßig verteilten Karbiden. Diese Struktur erlaubt sehr dünne Schneidengeometrien bei gleichzeitig hoher Stabilität. SG2 ist rostfrei und erreicht Härtegrade von HRC 62–65. Messer aus SG2 bieten außergewöhnliche Schnitthaltigkeit und sind besonders bei anspruchsvollen Anwendern beliebt.
Zu den exklusivsten japanischen Stahlsorten zählt ZDP-189, hergestellt von Hitachi Metals. Dieser Stahl besitzt einen extrem hohen Kohlenstoff- und Chromanteil, wodurch sehr harte Karbide entstehen. Die Mikrostruktur ist äußerst verschleißfest, allerdings auch anspruchsvoll zu bearbeiten. ZDP-189 erreicht Härtegrade von HRC 64–67, was ihn zu einem der härtesten Messerstähle macht. Die enorme Schnitthaltigkeit geht mit einem höheren Schleifaufwand einher, weshalb dieser Stahl eher für erfahrene Nutzer geeignet ist.
Neben diesen bekannten Stahlsorten kommen auch laminierte Konstruktionen zum Einsatz, bei denen ein harter Kernstahl von weicheren Außenlagen umschlossen wird. Diese Bauweise verbessert die Bruchsicherheit, reduziert Spannungen im Stahl und erleichtert das Schleifen. Viele japanische Messer kombinieren so extreme Härte im Schneidenbereich mit Alltagstauglichkeit.
Die Wahl der richtigen japanischen Stahlsorte hängt von mehreren Faktoren ab: gewünschte Schärfe, Pflegeaufwand, Rostbeständigkeit, Schleiferfahrung und Einsatzzweck. Ob traditioneller Kohlenstoffstahl mit extrem feinem Gefüge oder moderner PM-Stahl mit maximaler Schnitthaltigkeit – japanische Messerstähle bieten für jeden Anspruch die passende Lösung.